Traumfabrik, Glitzermetropole, Stadt der Engel – es gibt viele Namen und Beschreibungen für Los Angeles. Dabei ist die größte Stadt Kaliforniens wohl vor allem für Besucher nur schwer zu erfassen. Weil die Millionenmetropole gigantisch groß ist – ohne einen wirklichen Stadtkern zu haben. Und weil sie in vielem so weit von dem entfernt ist, was man sich darunter vorgestellt hatte.

Es gibt Städte, von denen man meint, sie schon zu kennen, ohne jemals da gewesen zu sein. Los Angeles ist eine dieser Städte. Unzähligen Filmen und Serien sei Dank, hat wohl jeder irgendeine Vorstellung von Kaliforniens Traumfabrik. Und dabei ist es eigentlich völlig egal, welcher Generation man angehört: Ob nun Billy Wilders "Sunset Boulevard" (1950), Garry Marshalls "Pretty Woman" (1990), 90er-Jahre-Soaps wie "Der Prinz von Bel Air" und "Beverly Hills 90210" oder auch die Musiker-Biografie "Straight Outta Compton" (2015) – letztlich geht es doch immer irgendwie um Ruhm, Erfolg und Reichtum. Die Statussymbole des American Dream: Der Hollywood Boulevard mit seinem Walk of Fame, dem Chinese Theatre und den zahlreichen Hand- und Fußabdrücke bedeutender Filmstars. Das berühmte Hollywood-Sign über den Villen der Hollywood Hills, die teuren Strandhäuser von Venice Beach, die edlen Designer-Shops am Rodeo Drive.
Wer als Tourist in die "Stadt der Engel" reist, für den ist diese Glitzerwelt natürlich zunächst einmal eines: ganz weit weg. Anstehen für die Passkontrolle, heiße stickige Luft vor dem Flughafen, Gedrängel an den Bussen in Richtung Autovermietung – dieser wenig glamouröse Auftakt einer fast jeden LA-Reise holt so manch einen schnell zurück auf den Boden der Tatsachen. Die Hoffnung, dass in Amerika doch alles etwas größer und besser sein könnte, kehrt beim Car Rental kurz zurück: Ein Upgrade bekommt hier nämlich fast jeder. Zumindest diejenigen, die einen Kleinwagen gebucht haben. Denn klein – das gibt es hier eigentlich gar nicht. Vor allem nicht bei Autos. Das Gefühl, endlich mal mehr für sein Geld zu bekommen, dürfte jedoch nicht lange währen. Denn abgesehen von der Sonne ist in LA fast nichts umsonst. Annehmbare Hotels sind teuer und die Parkgebühren oft regelrecht unverschämt.
Venice Beach: Traumhafter Strand und viele Verrückte

Unverschämte Parkgebühren – die gibt es auch am Venice Beach. Zehn Dollar pro Stunde oder noch mehr verlangen die Wächter der großen Bezahlparkplätze für ihre Dienste. Auch wenn es so aussieht, als wäre sonst weit und breit kein anderer Platz frei: Etwas Geduld aufzubringen, lohnt sich in jedem Fall. Denn wer die Augen offen hält und halbwegs anständig einparken kann, der findet früher oder später eine Lücke in einer der Seitenstraßen, wo die Parkuhren nur mit zwei Dollar pro Stunde gefüttert werden wollen.
Von dort aus geht es zu Fuß in Richtung Strand und der ist – zumindest auf den ersten Blick – perfekt: weißer, feiner Sand, meterhohe Palmen, strahlend blauer Himmel und ebenso blaues Wasser, in dem unzählige Surfer auf die nächste Welle warten. Zwischendrin Lifeguard-Stationen in Türkis und Rettungsschwimmer in knallroten Badeshorts. Es ist ein bisschen, als würde man durch das Set von "Baywatch" stolzieren. Doch was beim Strandspaziergang so idyllisch wirkt, gleicht ein paar Meter weiter – auf dem großen, bunten Strandboulevard – einer einzigen Vergnügungsmeile. Auf dem sogenannten "Boardwalk" buhlen Freaks mit Dreads, Rollerblades und Ghettoblaster ebenso um Aufmerksamkeit wie muskelbepackte Sunnyboys, die ihre braungebrannten Körper zur Schau stellen.
Diejenigen, die es schon zu etwas gebracht haben, sonnen sich unter den neidischen Blicken der Touristen auf den Terrassen ihrer überteuerten Strandhäuser, während die Typen im Freiluft-Fitnessstudio des "Muscle Beach" noch immer darauf warten, wie Arnold Schwarzenegger und Co. endlich entdeckt zu werden. Wem die Frustration über den ausbleibenden Erfolg aufs Gemüt schlägt, der kann sich bei den Möchtgern-Ärzten in Grün eine Tüte Gras verordnen lassen – aus rein medizinischen Gründen versteht sich.

The Hills: Bitte fahren Sie weiter!
Die richtig Großen wohnen selbstverständlich woanders: in Beverly Hills zum Beispiel. Das Städtchen, das von LA umschlossen und deswegen fälschlicherweise oft für einen Stadtteil der Millionenmetropole gehalten wird, ist Heimat des berühmten Rodeo Drive und trägt mit 90210 die wohl berühmteste Postleitzahl der Welt. Hier liegen zahlreiche Luxusvillen berühmter Stars und Sternchen beieinander – ebenso wie in Bel Air und den Hollywood Hills. Wer jedoch meint, er könne dort irgendwo auf Promi-Jagd gehen, wird enttäuscht: Zum einen sind nämlich nicht nur die Häuser, sondern auch die Grundstücke der Schönen und Reichen riesig und die Villen damit meist gar nicht einsehbar. Zum Anderen machen Straßenschilder mit "No stopping"-Aufschriften unmissverständlich klar, dass in den Hills besser niemand Stellung beziehen und das Fernglas auspacken sollte.
Eine Fahrt über den Mulholland Drive, der durch die Hollywood Hills führt, sollte sich dennoch niemand entgehen lassen. Die kurvenreiche Panoramastraße, die einigen wegen des gleichnamigen Films von David Lynch ein Begriff sein dürfte, bietet immer wieder spektakuläre Ausblicke über Los Angeles und ist sowohl bei Tag als auch bei Nacht unbedingt eine Fahrt wert. Von verschiedenen Haltepunkten aus kann man nicht nur Downtown und die Universal Studios, sondern auch das Hollywood-Sign und die ein oder andere Villa samt Pool und Tennisplatz von oben betrachten.

Hollywood Boulevard: The Boulevard of Broken Dreams
Der Ort, an dem man in LA mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Stars zu sehen bekommt, ist der Hollywood Boulevard. Und das, obwohl die wirklich Wichtigen ja alle schon mal hier gewesen sind und sich sogar mit Hand- und Fußabdrücken vor dem berühmten Chinese Theatre verewigt haben. Wer den Hollywood Boulevard jedoch besucht, wird schnell verstehen, warum hier gewiss niemand, der etwas auf sich hält, freiwillig seine Freizeit verbringt – zumindest, solange keine wichtige Filmgala ansteht. Über die berühmten Sterne des Walk of Fame wandeln in der Regel nämlich all diejenigen, denen besagter Fame fehlt: Touristen, Bus-Ticketverkäufer, als Minions und andere Filmfiguren verkleidete Laiendarsteller und Jesus-Freaks, die die konsumgeile Masse via Megafon-Parolen wieder auf den rechten Weg bringen wollen. Noch skurriler wird es nachts, wenn nicht nur schräge, sondern auch völlig zugedröhnte Figuren den glanzlosen Boulevard bevölkern.
Wer sich das Chinese- und Dolby-Theatre angeschaut und seine Füße in die Abdrücke berühmter Schauspieler gesetzt hat, sollte den Hollywood Boulevard also möglichst schnell unter "Seen that, done that" abhaken und weiterziehen – zu Amoeba Music am Sunset Boulevard zum Beispiel. In dem größten unabhängigen Plattenladen der Welt bekommt man zwar auch keine Rockstars zu Gesicht, aber man kann zumindest deren Platten kaufen.

Clash der Kulturen in Downtown Los Angeles
Downtown – das klingt nach Stadtzentrum. Nach dem, wo sich alles abspielt. Nicht so in LA. Zwar liegt Downtown geografisch gesehen tatsächlich in der Mitte. Diesen einen zentralen Punkt, wo das Leben der Locals pulsiert, scheint es hier dennoch nicht zu geben. Anschauen sollte man sich das Ganze trotzdem – wegen der Walt Disney Concert Hall und den imposanten Wolkenkratzern des Financial Districts zum Beispiel. Und wegen der vielen unterschiedlichen Kulturen, die hier aufeinander treffen.
Dort, wo sich tagsüber vor allem die Mitarbeiter diverser Banken und Bürogebäude tummeln, wirkt Downtown abends wie ausgestorben. Doch nicht nur im Financial District herrscht nach Feierabend tote Hose. Selbst Chinatown und Little Tokyo sind unerwartet unspektakulär und kein Vergleich zu dem, was man aus anderen Städten wie New York City so kennt. Weitaus lebhafter geht es da schon in El Pueblo zu. Hier liegt die mexikanische Geburtsstätte von LA, was das Viertel zum ältesten der Stadt macht. Die mexikanischen Einflüsse von damals sind bis heute zu sehen: Der Hauptbahnhof – die Union Station – ist im spanischen Kolonialstil gehalten und an den Ständen der Olvera Street gibt es mexikanische Leckerbissen wie Burritos und Tacos.
Dass es in Downtown künftig doch etwas lebhafter wird, davon ist übrigens auszugehen. Der Stadtteil, der im Zuge einer Flächensanierung und des Umbaus zur autogerechten Stadt vom Wohnviertel zum unbeliebten Business-District verkam, wird dank der guten Verkehrsanbindung inzwischen auch bei betuchten Locals wieder beliebter. Leerstehende Bürogebäude werden zu teuren Lofts umgebaut oder anderweitig neu genutzt. Bestes Beispiel ist The Last Bookstore: Hier wurde ein altes Bankgebäude zum Buchladen umgestaltet – und der ist so spekatkulär, dass es Besucher aus aller Welt hier hin zieht.

Fazit: Für Besucher ist LA ein sehr unnahbarer, nicht so wirklich greifbarer Ort, was vor allem daran liegt, dass diese Stadt so gigantisch groß und weitläufig ist – ohne ein wirkliches Zentrum zu haben. Dennoch ist und bleibt Los Angeles eine Stadt, die man gesehen haben sollte – wenn vielleicht auch nur, um festzustellen, dass diese Metropole nichts von dem ist, was man sich so vorgestellt hatte.