"Die sehen doch aus wie bei 485Grad", bemerkten findige Beobachter beim Anblick der Pizzen von Scugnizzo schnell. Tatsächlich hat die neue Südstadt-Pizzeria am Severinswall einiges mit der Konkurrenz gemein. Doch es gibt auch kleine, feine Unterschiede – und bekanntlich kommt es auf die ja oft an.

Den fuchsigsten unter den fuchsigen Beobachtern ist es sofort aufgefallen: „Sieht ja aus wie 485Grad“, stellte manch Blitzmerker fest und witterte direkt „billigen Abklatsch“, als erste Bilder der Scugnizzo-Pizza auf Facebook auftauchten. Inzwischen haben es auch die Langsameren unter uns gemerkt: Die Mission, echte neapolitanische Pizza nach Köln zu bringen, ist seit der Eröffnung von 485Grad irgendwie nicht mehr so richtig bahnbrechend. Der fluffige Rand mit den schwarzen Blasen, die kurze Backzeit und eine Ofenhitze um die 500 Grad – all das kommt Kölner Pizzaliebhabern inzwischen verdächtig bekannt vor.
So richtig verdächtig ist daran generell natürlich rein gar nichts. Wenn Burger-Läden wie Pilze aus dem Boden schießen, fühlt sich schließlich auch niemand um seine Idee betrogen. Tatsächlich gibt es zwischen 485Grad und der neuen Südstadt-Pizzeria Scugnizzo aber eine Verbindung – und die riecht irgendwie schwer nach Ärger. So richtig offen wurde darüber bisher nicht gesprochen, aber dank des Kölner Stadt-Anzeigers ist inzwischen bekannt, dass Scugnizzo-Chef Torsten Schöneich wohl zu den Mitbegründern von 485Grad gehört und auch sein jetziges Team zuvor bei der Konkurrenz gearbeitet hat. „Da (bei 485Grad) bin ich aber relativ früh ausgeschieden. Jetzt machen wir alle zusammen was Neues – und Eigenes“, sagte Schöneich dem Anzeiger.
"Hammergeile Sardellen", aber kein Alkohol
Letztlich sind die Querelen zwischen Gastronomen natürlich genauso unwichtig wie die Info, dass „scugnizzo“ in Neapel das Wort für „Straßenjunge“ ist. Denn egal, wie lange nun am Teig getüftelt und von wie weit her der italienische Steinofen angekarrt wurde – am Ende kommt es auf das Ergebnis an, also die Pizza. Und die gibt es im Scugnizzo in zehn verschiedenen Varianten und in einer Preisspanne zwischen 6,50 und 12,80 Euro. Dass unter den Belägen Dinge wie "hammergeile Sardellen", "geiles Olivenöl" und "erste Sahne Büffel Mozz" gelistet sind, darf man wohl auch jenseits der Yolo-Generation als Hinweis auf hochwertige Zutaten verstehen. Oder eben auch als Zeichen dafür, dass man hier cooler sein möchte als die versnobbte Konkurrenz mit den teuren Edelweinen.
Apropos Getränke: Alkohol gibt es im Scugnizzo (noch) nicht, denn dafür fehlt die Ausschankgenehmigung. Wer das australische Gingerbeer von Bundaberg probiert, dürfte sich jedoch trotz des Prozente-Verzichts besänftigt fühlen. Prädikat: richtig lecker. Ob da auch die Pizza mithalten kann? Einen Vorteil hat sie schon vor dem Geschmackstest: Im Gegensatz zu 485Grad braucht es bei Scugnizzo kein langes Rätselraten, um herauszufinden, wie man denn nun an sein Essen kommt. Denn im Scugnizzo ist das Gastro-Konzept genauso simpel wie die Einrichtung: Hinsetzen, bestellen, die Pizza vom Kellner an den Tisch gebracht bekommen, schmecken lassen.
Warum 15 Grad hin und wieder den Unterschied machen
Weder die Pizza Margherita für 9,50 Euro, noch die Salami-Pizza für 9,50 Euro ist ein Schnäppchen. Diese Preise ist man jedoch schon von der Konkurrenz gewohnt. Einen auf den ersten Blick unerheblichen Unterschied – nämlich dass im Scugnizzo mit 15 Grad mehr, also mit 500 Grad, gebacken wird – merkt man dann aber doch. Die Salami-Pizza wird mit schwarzem Brandfleck in der Mitte serviert. Dieser nicht essbare Ausschuss ist zwar ärgerlich, allerdings nicht so frustrierend wie nahezu roher Teig – so wie es bei der Margherita im 485Grad der Fall war. Auch in Sachen Würzigkeit hat die neuere Südstadt-Pizzeria dem etablierteren Konkurrenten beim ersten Geschmackstest etwas voraus: Während die Speckwolf-Pizza von 485Grad ein wenig zu fade erschien, sorgt die scharfe Salami auf der Scugnizzo-Pizza für jede Menge Geschmack.
Alles in allem zeigt der Vergleich beider Läden: Die Pizzen sind abgesehen von Feinheiten in der Tat ähnlich – zumindest was die Machart angeht. Frische Zutaten, knusprig-fluffiger Teigrand, dünner Boden – das sind die Attribute, mit denen die neapolitanische Spezialität in beiden Lokalen punkten kann. Scugnizzo jedoch wirkt etwas bodenständiger: Die Karte ist kleiner, statt dem Weinregal hängen italienische Filmposter an der Wand, und ohnehin ist das Ganze viel mehr Imbiss als Restaurant. Weniger Hype, weniger Gäste, weniger gestresst wirkende Mitarbeiter. Der richtige Ort für alle, für die weniger dann doch mehr ist.
Den 485Grad-Geschmackstest findet ihr hier.

Getränkeempfehlung: Das Ginger Brew von Bundaberg solltet ihr probieren!

Neben Antipasti gibt es zehn verschiedene Pizzen – darunter vegane und vegetarische Varianten.

Wo: Severinswall 22, 50678 Köln. Wann: Dienstag bis Donnerstag 12 bis 22.30 Uhr, Freitag und Samstag 12 bis 23 Uhr, Sonntag 12 bis 22.30 Uhr